- Interview mit Tomas Chamorro-Premuzic
Psychologie Professor an der University of London und University of Columbia, “Head of Assessment” für einer der weltgrößten Rekrutierungsfirmen und führender Experte für die richtige Jobwahl verrät uns im Interview, worauf es derzeit im Bewerbungsgespräch ankommt, wie du richtiges Erwartungsmanagement betreibst, welche individuellen Fähigkeiten du weiterentwickeln solltest und was er als Absolvent nach dem Studium heute anders machen würde als früher. Im Anschluss bekommst du alle harten Fakten und wissenschaftlichen Grundlagen, die du zu diesem Thema wissen musst.
Der Klassiker im Bewerbungsgespräch ist die Frage nach den persönlichen Schwächen. Wie würden Sie diese beantworten?
Versuche nachdenklich zu wirken. Je mehr die Antwort einstudiert scheint, desto weniger glaubwürdig wird sie wirken. Vermeide Klischees wie „Ich bin zu sehr Perfektionist“ oder „Ich bin zu selbstkritisch“. Vermeide auch völlig ehrlich zu sein. Ähnlich wie bei einem ersten Date ist ein Bewerbungsgespräch nicht der Zeitpunkt deine tiefsten und dunkelsten Geheimnisse zu offenbaren. Hebe stattdessen Punkte hervor, die der Interviewer vielleicht schon als Schwächen identifiziert hat, seien es Lücken oder Mängel im Lebenslauf, denn dies zeugt von Selbsterkenntnis. Dafür hat Red Bull gerade einen kostenlosen Persönlichkeitstest zusammen mit Experten entwickelt, den sogenannten Red Bull Wingfinder. Dieser Test ist valide und frei erhältlich, welcher deine Stärken und Schwächen identifiziert und der darüber hinaus Coaching Tipps gibt, wie du damit umgehst. Wir haben alle unsere Schwächen und Einschränkungen, aber unsere Fähigkeit, diese zu kontrollieren, ist unser wirkliches Potential.
Was erwartet Studienabsolventen in der Arbeitswelt?
Manche Jobs sind heutzutage sehr gut bezahlt. Diese können auch sehr interessant sein oder viel Kreativität erfordern und viele Bedürfnisse des Lebens erfüllen. Der Wettbewerb ist jedoch intensiv und Qualifikationen sind nur ein Teil der Anforderungen – ohne diese geht es nicht; du kommst aber auch nicht weit, ohne ein Verständnis für deine eigene Persönlichkeit, die Erfahrungen, Beziehungen bzw. ein gewisses Maß an Selbsterkenntnis. Wir leben in einer Welt voller Talente und der wesentliche „Talente-Reisepass“ ist deine eigene Reputation. Inwiefern bist du anders und besser gegenüber Konkurrenten? Ich mag die Idee, dass man sein eigenes „Ich“ oder die eigene „Marke” pflegen soll, auch nicht besonders – es klingt trivial, nichtssagend und narzisstisch. Wenn sich dein Ruf im überfüllten Markt jedoch nicht abhebt oder du nicht erklären kannst, wie du deine Talente in der Arbeit einsetzt, wirst du auch nur mit Glück weiterkommen.
Was ist die wichtigste Fähigkeit, die Studienabsolventen nach der Universität entwickeln sollen, damit sie erfolgreich sind?
Dein zentraler Wettbewerbsvorteil liegt darin, deine eigenen Fähigkeiten zu entdecken. Tests die wir in Wingfinder aufgesetzt haben, geben dir ein maßgeschneidertes Feedback wie du das erreichen kannst. Was du für jede Rolle in einer Firma brauchst, sind die sogenannten „RAW-Komponenten“ in Bezug auf deine Talente. (Rewarding – intrapersonale und intrapersonelle Fähigkeiten; Able – eine Fertigkeiten oder Intelligenz, die dem Anspruch der Rolle entspricht; Willing – Antrieb und Motivation).
Wenn Sie Ihre Zeit an der Universität zurückdrehen könnten, was würden Sie machen?
Ich würde mehr Zeit für außerschulische Aktivitäten aufwenden, um wirklich Praxiserfahrung zu sammeln. Es ist wichtig, sich auf das Studium zu konzentrieren, aber nutze deine Freizeit auch um etwas zu entwickeln, deine Hobbies nachzugehen, Praktika zu machen oder Projekte in denen du mit anderen interagierst. Beweise dir selbst, dass du andere beeinflusst und gut mit Ihnen zusammenarbeiten kannst.
Was sind die typischen Fehler die Studienabgänger am Beginn ihrer Karriere machen?
Viele denken oft besser über sich, als sie tatsächlich sind. In Wahrheit öffnen Bescheidenheit, Selbsterkenntnis, die richtige Karrierewahl und leistungsorientiertes Arbeiten Türen. Erwarte dir weniger und gebe mehr. Du bist am Beginn der Lernkurve und solltest dir bewusst sein, dass deine Reise nicht immer geradlinig verlaufen wird. Nichts wird Türen mehr öffnen, als eine gute Leistung in der aktuellen Rolle zu erbringen und von den Leuten geschätzt zu werden, mit denen du arbeitest.
Was hätten Sie beim Studienabschluss bereits gerne gewusst?
Dass von jetzt an das Leben nur härter und komplexer wird, aber die Belohnung sich dafür gut anfühlt. Im eigentlichen Sinne sind wir nie mit dem Studium fertig – das Leben ist ein ständiger Lernprozess, ein sich anpassen und mehr Einsicht über sich selber gewinnen. Finde heraus, wie du deine Neugier, Kreativität und deinen Antrieb nutzen kannst und wie du mit anderen zusammenarbeitest - das ist der beste Weg zum Erfolg.
Was ist ihr größter Tipp für jemanden, der gerade den nächsten Karriereschritt plant?
Selbst-Einsicht kann hier einen wesentlichen Beitrag leisten. Je besser du deine eigenen Stärken, Grenzen und Interessen kennst, desto klüger wird deine Karriereplanung ausfallen. Du wirst am Ende deinen Job sehr gerne und länger machen, sowie bessere Leistung erbringen. Mit anderen Worten ist Selbsterkenntnis eine stark unterbewerte Talenteförderin, weil sie Menschen hilft, jene Jobs zu identifizieren, die tatsächlich ihren Werten und Fähigkeiten entsprechen. Du solltest bedenken: Talent ist im Wesentlichen Persönlichkeit am richtigen Platz. Damit du bessere Entscheidungen für dich treffen kannst, brauchst du Daten und Input. Dies macht das frei verfügbare, karrierebezogene Feedback im Red Bull Wingfinder so bedeutsam.
Abbildung 1: Dr Tomas Chamorro-Premuzic ist „Head of Assessment“ an einer der weltgrößten Rekrutierungsunternehmen sowie Psychologieprofessor an der University of London und University of Columbia. Photo: Shannon Morris.
Abbildung 2: Wingfinder-Modell; basierend auf dem ursprünglichen Modell der Faktoren für Beschäftigungsfähigkeit von *Hogan, R., Chamorro-Premuzic, T., & Kaiser, R. B. (2013). Employability and career success: Bridging the gap between theory and reality. Industrial and Organizational Psychology, 6, 3–16.
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