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Als ich beschloss Psychologie zu studieren war mir klar: der Aufnahmetest würde viel Arbeitsaufwand bedeuten. Entsprechend groß war meine Freude darüber, als ich es geschafft habe – und wie sieht es ein Jahr nach Studienanfang nun aus? Ich nicke meinen Professoren am Gang zu und erkenne an ihren entgeisterten Blicken, dass sie keine Ahnung haben wer ich bin. Ich sitze in den Vorlesungs-Prüfungen und könnte schwören, 90% der Anwesenden in meinem Leben noch nie gesehen zu haben. Worauf deuten diese Anzeichen nun hin? Genau - Diagnose: Massenstudium!

uni wien

Als Tochter eines „alten Sozis“ und einer rebellierenden Bürgerschichts-Tochter ist die Tatsache, dass Bildung frei zugänglich sein muss für immer in meinem Gedächtnis verankert. Dennoch zeigt sich, dass Motivationslosigkeit oft doch etwas mit den überfüllten Unis zu tun haben könnte – wie kann man dem entgegenwirken ohne anderen den Zugang zur Uni zur verweigern?

Teil der Generation Y zu sein bedeutet, Individualist zu sein. Instagram zeigt uns täglich, wie perfekt das Leben aller anderen doch ist und unsere Lehrer haben uns schon in der Schule klar gemacht: auf dem Arbeitsmarkt haben wir sowieso keine Chance und überhaupt, Pension bekommen wir auch keine – da muss man sich doch bloß die Alterspyramide anschaun - also „studierts was g’scheits“. Was wird einer ganzen Altersgruppe durch Aussagen und Umstände wie diese wohl anerzogen? Einzelkämpfer sein! Jeder ist seines Glückes Schmied. Ich bin etwas Besonderes, ich besitze ein Talent, das sonst niemand hat und ich kann damit groß werden und erfolgreich sein – das betet man täglich vor sich her, um weiter zu machen.

Fast forward - das Untergeschoss der Uni Wien am 1. Oktober: 1200 Studierende die davon überzeugt sind, dass es sich bei den Kommilitonen um hinterhältige Arbeitsplatz-Diebe handelt, warten vorm Audimax (das über 750 Plätze verfügt) auf die erste Orientierungsveranstaltung. Oft beginnt diese dann auch mit einem Kommentar der Lehrenden, dass min. 60% der Anwesenden das Studium nicht abschließen werden und man sich die Gesichter der Nachbarn gar nicht erst merken sollte. Man muss nicht Sigmund Freud sein um zu verstehen, dass derartige Umstände die Motivation zum Lernen nicht gerade fördern. Oft hat man das Gefühl, man wäre nur einer von 1000 anderen, die das Gleiche machen, mindestens genauso gut sind und vielleicht sogar bessere Voraussetzungen haben, später erfolgreich zu sein. Und wie reagiert der darwinistische Mensch auf so ein Klima? Er folgt dem Naturgesetz - der Stärkere gewinnt! Also durchbeißen, gute Noten schreiben, zu den Besten gehören! Konkurrenz zwischen Studenten ist eines der Symptome überfüllter Studiengänge. Und das in einer Zeit, in der Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen ohnehin drohen, die Welt zu zerreißen.

Millennials


Ja, wir sind genauso wie alle anderen eine Generation mit vielen Fehlern. Zu den „egozentrischen“ Millennials zu zählen bedeutet aber auch, wahnsinnig viel Seel-Suche zu betreiben und sich mit den eigenen Fehlern auseinander zu setzen. Wir haben Kommunikationsmöglichkeiten, die sich Uroma Hildegard nicht einmal in ihren kühnsten Träumen hätte vorstellen können und uns wurden damit die Mittel gegeben, etwas Großes zu schaffen. Ja, die Arbeitsplätze sind knapp, aber schafft nicht auch das neue Möglichkeiten? Schließlich bedeutet das auch, dass es Leute mit Ideen braucht. Einer von vielen zu sein muss nicht immer negativ gesehen werden – es ist doch auch schön, Teil von etwas Großem zu sein. Ich habe mit der Zeit gelernt, dass zu etwas dazu zu gehören nicht automatisch bedeutet, mich selbst zu verlieren. Meine Besonderheiten und Macken gehen nicht verloren, weil es in Österreich noch unzählige weitere Psychologiestudenten gibt. Was hilft einem nun dabei, das zu verstehen? Sich selbst nicht mehr einzig über sein Studium zu definieren.

Wir sind so darauf eingestellt, erfolgreich und ehrgeizig sein zu müssen um zu überleben, dass wir dabei ganz darauf vergessen, Erfolg und Zufriedenheit für uns selbst zu definieren. Ja, der persönliche Werdegang und das Setzen von Zielen sind wichtig – aber auf dem Weg zu diesen Zielen sollte man auch das Hier und Jetzt nicht außer Acht lassen. Jeder sollte die Dinge, die für ihn von Bedeutung sind selbst definieren und in den Alltag einbauen – Pausen von der Arbeit zu finden ist dabei ganz wichtig. Nur voller Misstrauen, Angst und mit ständigem Leistungsdruck durchs Leben zu rasen ist nicht gesund und vor allem nicht lebenswert. Mein Punkt ist also: Die Studienzeit soll eine schöne sein – sie darf auch arbeitsreich und anstrengend sein, aber das ist nicht alles. Und das gilt für große, sowie kleine Jahrgänge. Auf sich selbst zu achten hat in jeder Lebenssituation – ob Schule, Uni oder Arbeit – Priorität. Und wenn man das einmal verstanden hat, kommt die Motivation wie von selbst wieder zurück.

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